Die unterschätzte Gefahr in der Subunternehmerkette?
Seit dem 01.01.2015 gilt in Deutschland das Mindestlohngesetz (kurz: MiLoG). Das heißt, Arbeitgeber sind zur Zahlung des gesetzlich festgelegten Mindestlohns von aktuell 8,84 EUR brutto je Zeitstunde verpflichtet, sofern die Arbeitsleistung in Deutschland erbracht wird. D.h. das MiLoG gilt auch für ausländische Arbeitnehmer, die in Deutschland arbeiten.
Der Mindestlohn wird alle 2 Jahre auf Vorschlag der Mindestlohnkommission angepasst.
Die nächste Anpassung wird zum 1. Januar 2019 erfolgen – vermutlich auf 9,19 EUR.
Hintergrund der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ist laut Mindestlohnkommission:
„Ein allgemeiner, gesetzlicher Mindestlohn schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland vor unangemessen niedrigen Löhnen. Damit leistet der gesetzliche Mindestlohn zugleich einen Beitrag für einen fairen und funktionierenden Wettbewerb. Gleichzeitig sorgt er für mehr Stabilität in den sozialen Sicherungssystemen.“
Tatsächlich allerdings haben laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin 1,8 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland in 2016 weniger als den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. In 2017 hat der Zoll in diesem Zusammenhang 2.521 Ermittlungsverfahren gegen Mindestlohnverstöße eingeleitet mit Bußgeldern von mehr als 4,2 Mio. EUR. Der Schaden durch die Verstöße belief sich 2017 auf knapp 5,5 Mio. EUR. Die Dunkelziffer liegt wohl weit darüber. Mit Stücklohn, Nichtzahlen von Überstunden und anderen Tricks wird der Mindestlohn oft umgangen.
Auch redliche Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern stets den korrekten Mindestlohn bezahlen, können von diesem Gesetz nachteilig beeinflusst werden, falls ein Unternehmen der eigenen Subunternehmerkette seinen Arbeitnehmern den Mindestlohn nicht bezahlt. Gemäß § 13 MiLoG „Haftung des Auftragsgebers“ i.V.m. § 14 AEntG haftet der Auftraggeber nämlich gegenüber den Arbeitnehmern ALLER von ihm beauftragten Auftragnehmer und deren Subunternehmer für die Zahlung des Mindestlohns (Nettodifferenzlohn) wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Man spricht hierbei auch von der verschuldensunabhängigen Durchgriffshaftung (Generalunternehmerhaftung) für beauftragte Subunternehmer. Zahlt einer der Subunternehmer seinem Arbeitnehmer nicht den Mindestlohn, kann der Arbeitnehmer den Nettodifferenzlohn demnach auch beim Auftraggeber geltend machen. In einem aktuellen Beispiel, welches in der ARD-Themenreihe „Was Deutschland bewegt“ am 30.04.2018 ausgestrahlt wurde, musste die Deutsche Post einem tschechischen LKW-Fahrer für 10 Monate Arbeit insgesamt 8.500 EUR nachzahlen, weil sein Subunternehmer ihm keinen Mindestlohn zahlte und dieser daraufhin direkt die Deutsche Post als Auftraggeber verklagte.

Bildquelle: R+V Allgemeine Versicherung AG
Wie können sich Unternehmen hiervor schützen, insbesondere auch dann, wenn der Subunternehmer nicht mehr in Regress genommen werden kann?
Zunächst sollte jedes Unternehmen mit seinen Subunternehmern vertraglich vereinbaren bspw. in den AGB oder per Freistellungserklärung, dass das Unternehmen von der Haftung nach dem MiLoG von den Subunternehmern freigestellt wird, sollten dessen Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer von weiteren Subunternehmen das Unternehmen in Anspruch nehmen. Des Weiteren, ist neben einer guten Rechtsschutzversicherung, die die vielfältigen Ansprüche aus dem MiLoG mit absichert, auch eine Versicherungslösung für den Fall zu prüfen, dass das Unternehmen wie im oben dargestellten Beispiel als Auftraggeber den Mitarbeitern von Subunternehmern die Differenz zum Mindestlohn nachzahlen muss und der Regress gegen den unmittelbaren Subunternehmer scheitert.
Die Absicherungslösung hierfür kann entweder über eine Kreditversicherung, eine Vertrauensschadenversicherung oder eine Kautionsversicherung erfolgen. Die Prämien sind abhängig von der gewählten Versicherungssumme.
Christoph Buchmann, LL.B., CITF®, CTFC®
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